Typische Konflikte

Jede Elterntrennung bringt ganz typische Konflikte mit sich. Das liegt daran, dass sich die Partner nach einer Trennung selbst und ihre Rolle als Eltern neu finden müssen.

Zudem ist eine Trennung ein Prozess, der in Phasen verläuft, und jede Phase bringt unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe und Distanz mit sich.

Familienfeste, kindliche Freiräume, das Verständnis von Verantwortung und Elternschaft führen dann zu unweigerlich zu Konflikten, zu denen sich jedes Elternteil verhalten lernen muss.

Die folgenden Beiträge berichten davon, wie Eltern und Kinder diese Konflikte erleben und vermitteln Impulse für individuelle Lösungen.

Der Geburtstag vom "Halben"

In “Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid” (Fredrik Backman) spricht die 7-jährige Elsa von ihrem Halbgeschwister als “Halben. Dies bezieht sich sowohl auf den Verwandtschaftsgrad, als auch auf die Schwangerschaft ihrer Mutter, während der das neue Kind zwar da, aber noch nciht auf der Welt ist.

Ich erinnere mich an eine Klientin, die sich um Weihnachten herum mit der bevorstehenden Geburt des Kindes aus der neuen Beziehung ihres Ex-Partners auseinandersetzte.

  • Diese Situation tritt viele, oftmals schon überwunden geglaubt Konflikte im Innern los. “Jetzt gelingt ihm mit dem neuen Partner das, was uns nicht gelungen ist.” ist ein typischer Gedanke, der die Betroffenen sich erneut als gescheitert erleben lässt.

    Die Situation mobilisiert Ängste, die gemeinsamen Kinder könnten sich in der neu entstehenden “heilen” Familie womöglich wohler fühlen als in der bisherigen Ein-Eltern-Familie.

    Unsere gemeinsame Arbeit besteht dann darin, das angegriffene Selbstwertgefühl der Realität anzupassen. Einer Realität, in der Kinder beide Eltern lieben und die Beziehungsarbeit nicht erst mit der Trennung begonnen hat. Auch Trennungseltern haben ihren Kindern ein Fundament mitgegeben, sie haben eine Bindung ermöglicht, die konkurrenzlos ist.

    Ein neues Baby ist keine Attraktion wie ein niedliches Haustier, mit dem man Kinder “abwerben” kann. Wenn Eltern das begreifen, dann geht das einher mit der Rückbesinnung auf ihre Stärken und ihre Leistung. Das lässt ihr Selbstbewusstsein in dem Maß wachsen, in dem es ihre Ängste schwinden lässt.

Mein Kind - dein Kind

Kinder haben eine immens große Bedeutung für die Identität ihrer Eltern . Vor diesem Hintergrund kann man sich erklären, warum die Ex-Partner eine solche Macht besitzen, sich gegenseitig über ihre gemeinsamen Kinder zu verletzen. In diesem Zusammenhang zitiere ich häufig aus dem “Augsburger Kreidekreis von Berthold Brecht:

Man muß also, ohne auf bloßes Geschwätz einzugehen, feststellen, wer die rechte Mutter des Kindes ist.“ Und mit ärgerlicher Stimme rief er den Gerichtsdiener und befahl ihm, eine Kreide zu holen. Der Gerichtsdiener ging und brachte ein Stück Kreide. „Zieh mit der Kreide da auf dem Fußboden einen Kreis, in dem drei Personen stehen können“, wies ihn der Richter an. Der Gerichtsdiener kniete nieder und zog mit der Kreide den gewünschten Kreis. „Jetzt bring das Kind“, befahl der Richter. Das Kind wurde hereingebracht. Es fing wieder an zu heulen und wollte zu Anna. Der alte Dollinger kümmerte sich nicht um das Geplärr und hielt seine Ansprache nur in etwas lauterem Ton. „Diese Probe, die jetzt vorgenommen werden wird“, verkündete er, „habe ich in einem alten Buch gefunden, und sie gilt als recht gut. Der einfache Grundgedanke der Probe mit dem Kreidekreis ist, daß die echte Mutter an ihrer Liebe zum Kind erkannt wird. Also muß die Stärke dieser Liebe erprobt werden. Gerichtsdiener, stell das Kind in diesen Kreidekreis.“ Der Gerichtsdiener nahm das plärrende Kind von der Hand der Amme und führte es in den Kreis. Der Richter fuhr fort, sich an Frau Zingli und Anna wendend: „Stellt auch ihr euch in den Kreidekreis, faßt jede eine Hand des Kindes, und wenn ich sage, dann bemüht euch, das Kind aus dem Kreis zu ziehen. Die von euch die stärkere Liebe hat, wird auch mit der größeren Kraft ziehen und so das Kind auf ihre Seite bringen.“... Und mit einem einzigen heftigen Ruck riß Frau Zingli das Kind aus dem Kreidekreis. Verstört und ungläubig sah Anna ihm nach. Aus Furcht, es könne Schaden erleiden, wenn es an beiden Ärmchen zugleich in zwei Richtungen gezogen würde, hatte sie es sogleich losgelassen. Der alte Dollinger stand auf. „Und somit wissen wir“, sagte er laut, „wer die rechte Mutter ist. Nehmt der Schlampe das Kind weg. Sie würde es kalten Herzens in Stücke reißen.“ Und er nickte Anna zu und ging schnell aus dem Saal, zu seinem Frühstück. …
— Berthold Brecht: Gesammelte Werke 11 – Prosa 1– Der Augsburger Kreidekreis. Frankfurt/Main 1967 S. 335ff.
  • Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.

Du bist Schuld an meinem Unglück!

Wenn sich ein Elternteil zu sehr in der Opferrolle sieht, dann bringt das Kinder in unerträgliche Konflikte.

Sie tendieren spontan nämlich dahin, sich auf die Seite des vermeintlich Schwächeren zu stellen, und das bietet den Nährboden für das Phänomen der Parentifizierung. Die beschreibt eine Rollenumkehr zwischen Eltern und Kindern, und das ist - das muss ich hier so klar sagen - immer pathologisch!

Es blockiert aber auch die persönliche Entwicklung, wenn man sich zu sehr in die Opferrolle begibt. Irgendwann werden Opfer zu Tätern, und auch das ist für Trennungskinder eine große Überforderung.

  • Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.

Familienfeiern

Angesichts der bevorstehenden Einschulung möchte ich  dieses Thema aufgreifen:

Je nach Trennungsphase, in der dieses Ereignis stattfindet  und nach Stand Beziehung zwischen den Eltern könnt Ihr ein Konzept entwickeln, das auch Eurer persönlichen Entwicklung im Trennungsprozess auf eine Weise Rechnung trägt, die es Euch und den Kindern gleichermaßen erlaubt, sich damit wohl zu fühlen.

Keine Eurer Vereinbarungen ist zu diesem Zeitpunkt in Stein gemeißelt!

Lasst Euch von dem Bemühen leiten, dass dieses Fest nicht durch unterschwellige Konflikte der Erwachsenen überschattet werden soll.

Das gilt für die Einschulung wie für Geburtstage und Familienfeste aller Art.

  • Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.